• „Welt hereinlassen"
    Was man von hier aus sehen kann
  • Was man von hier aus sehen kann

    nach dem Roman von Mariana Leky in einer Bearbeitung von Sigrid Dettlof

    Immer, wenn Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Wen es trifft, ist unklar. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie wagen, gestehen oder verschwinden lassen, handelt Lekys Roman. (Klappentext „Was man von hier aus sehen kann“ Dumont Verlag)  

    Sigrid Dettlof hat den Roman-Bestseller von Mariana Leky für die Combinale-Bühne eingerichtet und erzählt die Geschichte auf eine warmherzige und tröstliche Weise – still-verrückt und sanft-skurril.
    Es ist die Geschichte eines kleinen Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Die Liebesgeschichte von Selma und dem Optiker, von Luise, Martin und Frederik, die alle auf ihre Weise mit der Liebe ringen – gegen Widerstände und Unwägbarkeiten – ohne jemals den Mut zu verlieren.
    Es geht um Unwahrscheinliches und Märchenhaftes, um die Lust am Nicht-Zusammen-Gehörigen, um tiefgründige Charaktere, kleine und größere Geheimnisse und immer wieder fällt etwas, zerbricht etwas und das ganze großflächige Leben dreht sich in einer einzigen Bewegung um.
    Die großen Themen Liebe und Tod werden mit spielerischen und musikalischen Mitteln auf die Bühne gebracht, ganz im Vertrauen auf Lekys wunderbaren Text und mit nur zwei Schauspieler:innen, einem kongenialen Bühnenbild und eigens komponierter Musik (siehe Trailer).

    © und Aufführungsrechte bei Felix Bloch Erben GmbH & Co. KG, Berlin im Auftrag für Graf & Graf GmbH. Die Buchausgabe ist im Programm des DuMont Buchverlags erschienen.


    Mit:
    Sigrid Dettlof, L. Christian Glockzin
    Regie:
    Mignon Remé
    Bühnenbild und Ausstattung:
    Angelika Winter
    Assistenz:
    David Sinkemat
    Musik:
    Felix Kroll
    Technische Einrichtung und Projektion:
    Migo Eichholz
    Technik:
    Tobias Pupp

    Pressestimmen

    Tränen vor Lachen und aus Rührung

    „Was man hier aus sehen kann“: Wunderbare Premiere im Theater Combinale

    Lübecker Nachrichten, Sabine Spatzek

    LÜBECK. Sie sind (fast) alle da, die in Lekys Roman so liebevoll wie verschroben beschriebenen Dorfbewohner. Die Magie des Theaters lässt sie auf der kleinen Bühne des Combinale Platz finden, allein, in Paaren und sogar in Gruppen. Wobei hier natürlich kein Zauberstab im Spiel ist, sondern eine Kombination aus grandioser Schauspielkunst, erstklassiger Regie, einfallsreichem Bühnenbild und auf den Punkt komponierter Musik. Das Fazit also gleich vorneweg: Diese Combinale-Produktion zeigt, wie das Theater mit seinen ureigensten Mitteln Literatur nicht nur adaptieren, sondern noch einmal anders und sehr beglückend erlebbar machen kann.
    Den sichtbarsten Anteil an diesem Erfolg haben Sigrid Dettlof und L. Christian Glockzin, die abwechselnd sowohl die Erzählstimme übernehmen und in oft rasanten Rollenwechseln sämtliche Figuren lebendig werden lassen. Dabei kommen Dettlof (die auch die Spielfassung maximal dicht am Originaltext des 2017 erschienenen Romans erarbeitet hat) überwiegend, aber nicht immer die weiblichen Parts zu: Da ist vor allem Selma, die lebensweise Witwe mit den unheilvoll visionären Träumen von einem Okapi, einem Tier, an dem nichts zusammenpasst, und ihrer Enkelin Luise, der als Kind ein großer Schmerz widerfährt und dann als junge Frau die große Liebe. Glockzin wiederum überzeugt als der Optiker, der Selma liebt und es ihr lange Zeit nicht sagen kann, ebenso wie als Elsbeth, Selmas leutselige Schwägerin. Wie Glockzin diese beiden in einen Dialog treten lässt und sich dabei sozusagen selbst ein Taschentuch zum Tränentrocknen reicht, das ist eine wahre Perle des Komödiantentums.
    „Was man von hier aus sehen kann" handelt von großen Themen, von Liebe und Tod und von Situationen, in denen „ das Leben falsch abzubiegen droht". Humor und Tragik liegen dicht beieinander, und beides hat die Regisseurin Mignon Reme´ sicher im Griff. Im Publikum fließen Tränen, vor Lachen und vor Rührung. Weder stolpert die Inszenierung an den großen Zeitsprüngen noch an den unterschiedlichen Schauplätzen.
    Dazu trägt auch die Bühnengestaltung bei: Angelika Winter (Bühnenbild und Ausstattung) hat teils verschiebbare Bilderrahmen geschaffen, die in mehreren Tiefen „Welt hineinlassen". Etwas, was Luises Vater von seiner Familie penetrant einfordert, bevor er sie verlässt und in die Welt hinauszieht. Die Musik, die Felix Kroll für die Inszenierung komponiert hat, setzt in alldem die passgenauen Akzente.



    Ihr müsst mehr Welt hereinlassen – Premiere am Combinale

    Sehr gelungene Bühnenadaption des Romanes „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky feiert am Theater Combinale eine umjumbelte Premiere

    HL-Live, Frido Jany

    Ländlicher Idylle, skurillem Aberglauben, frustrierten Weltfluchten, traumatisierenden Unglücksfällen, buddhistischer Gelassenheit, unausgesprochenen Liebeserklärungen, schicksalhaften Traumgestalten, bigotten Jägern, brüllenden Verstockungen, brüchigen Fußböden, krachenden (Un)wahrheiten, liebevoller Zuneigung, ekelerregenden Erbsenorgien und vielem mehr begegnet man in der zwei Stunden dauernden Inszenierung des Erfolgsromans „Was man von hier aus sehen kann“ von Mariana Leky, die die Hamburger Regisseurin und Schauspielerin Mignon Remé als mitreißendes Lebenspanorama auf die Bühne des Theaters Combinale gebracht hat.
    Ausgestattet mit all diesen Facetten, lässt Remé einen ganzen (Dorf-)Kosmos entstehen, den Sigrid Dettlof und L. Christian Glockzin als alleinige Darsteller kongenial mit Leben füllen, wenn sie - teilweise in aberwitzigem Tempo - von einer Rolle zur nächsten hüpfen und in verschiedene Identitäten der unterschiedlichsten Lebensalter schlüpfen. Dabei entstehen ebenso brüllend komische Effekte - Glockzin und Dettlof lassen ihrer komödiantischen Ader freien Lauf - wie auch berührend herzergreifende Momente, die dem Premierenpublikum den Pausenapplaus unmöglich machten – seltene, eindrückliche Momente im Theater, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

    Überhaupt ist der Abend durchgehend von spannenden „Polaritäten“ geprägt. Nicht nur Komik und Tragik bilden ein unzertrennliches Paar. Auch Gegenwart und Vergangenheit scheinen ebenso unentwirrbar ineinander verwoben wie Schmerz und Freude, Loslassen und Festhalten. Die zentralen wiederkehrenden Pole jedoch im Leben der Hauptfiguren Martin, Optiker, Frederik, vor allem aber Selma und Luise sind Liebe und Tod. „Beides kann man nicht proben, beidem entkommt man nicht, beides ereilt einen“, stellt der Optiker, mit entwaffnender Güte und (heimlich) verliebter Unbeholfenheit von Glockzin verkörpert, beim ritualisierten Ähnlichkeitsspiel fest. Beide, Liebe und Tod, sind auch treue Lebensbegleiter - für die junge Luise ebenso wie für ihre lebenserfahrene Großmutter Selma. Bei aller scheinbaren Monotonie und Eingefahrenheit ihrer beider Leben in der kleinen Dorfgemeinschaft sind es diese beiden Begleiter, die mehr Welt in ihre Leben hereinlassen, wie es Luises Vater immer wieder fordert. Eine Welt, die, wiederum polar, von Verlust und Gewinn geprägt ist. 
    Beiden Frauen gibt Sigrid Dettlof in ihrer differenzierten Darstellung überzeugend Tiefe, die sie aus den ihnen widerfahrenen, hier nicht näher beschriebenen, Verlusten ziehen. Diese Verluste verstellen Selma, oft schroff und anpackend, und Luise, naiv-zögerlich und „verstockt“, häufig auch den Blick auf die Gewinne, die sich ihnen bieten könnten. Halt und Orientierung bieten ihnen beiden dabei der gemeinsame Lebensbegleiter, der Optiker, sowie Frederik, ein buddhistischer Mönch aus Hessen: „Lass los, ich hab dich!“ Ob Großmutter und Enkelin dieser Aufforderung folgen werden oder aber ohne Hilfe ihrer Wege durch „ein windschiefes Leben mit Einsturzgefahr“ gehen, wissen Leser:innen des Romans zwar bereits; und dennoch bleibt es spannend, dabei zu sein, wie sie diese Herausforderungen meistern.
    Mignon Remé als Regisseurin und Sigrid Dettlof, die den Roman für die Bühne bearbeitet hat, gelingt es, die Romanhandlung gekonnt zu verknappen, ohne die bunte Vielfalt und Lebendigkeit des (Dorf)lebens zu verlieren. Sie fordern ihr Publikum durchaus heraus, in schnellen Übergängen den vielen Figuren auf verschiedene Zeit- und Handlungsebenen zu folgen, doch fügt sich all dies bald zu einem filigran gearbeiteten harmonischen Bild. In diesem sitzt nicht nur darstellerisch jede kleine Geste, jeder differenzierte Tonfall, welche die vielen Figuren für das Publikum schnell voneinander unterscheidbar machen, sondern darüber hinaus auch jeder Handgriff, um Angelika Winters variantenreiches Bühnenbild zum wichtigen „Mitspieler“ werden zu lassen. Mit unaufwändigen Mitteln, verschiebbaren Bühnenelementen, Gazevorhängen und einprägsamen Requisiten entsteht hier mal eine gemütlichen Wohnküchenatmosphäre mit goldgerahmter kuscheliger Patchworkheimeligkeit, mal durch geschickt inszeniertes Lichtdesign (Migo Eichholz) landschaftliche Weitläufigkeit und dann wieder die Möglichkeit, durch die bloße Andeutung zweier Bahnsteige, die „Welt hereinzulassen“. 
    Ebenso variantenreich tragen die einfühlsamen Kompositionen Felix Krolls dazu bei, Szenen nicht nur atmosphärisch zu untermalen, sondern auch Stimmungen zu illustrieren, Gefühle zu kommentieren, Gedanken zu verdeutlichen und damit eine ganz eigene erzählerische Funktion einzunehmen.
    Mit „Was man von hier aus sehen kann“ gelingt Mignon Remés aufeinander abgestimmtem Team am Combinale eine beeindruckende und nachdrückliche Arbeit, die – Krisenzeiten zum Trotz - ebenso viele begeisterte Zuschauer:innen verdient, wie Mariana Lekys Roman seit seinem Erscheinen Leser:innen in den Bann gezogen hat.

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    Im Schleudergang der Gefühle

    Karin Lubowski in Lübeckische Blätter 07/2022, S.15 resp. 109

    „Was man von hier aus sehen kann.“ Wie aus dem Nichts hat dieser Roman von Mariana Leky vor fünf Jahren seinen Siegeszug angetreten. 65 Wochen lang war der Titel auf der Spiegel-Bestsellerliste zu finden und spätestens seit die unabhängigen Buchhändler ihn 2017 zu ihrem Lieblingsbuch kürten, ist der Roman so etwas wie unser aller liebes Buch.
    Im Theater Combinale hat Intendantin Sigrid Dettlof die Geschichte vom Leben, Lieben und Sterben in einer nahezu magisch verwobenen Gemeinschaft zu einer Bühnenfassung geformt. Nun feierte es unter der Regie von Mignon Remé Premiere: Ein ganzes Dorf, gespielt von zwei Personen in zwei Stunden, ein Stück das das Potential hat, zu einem Lieblingsstück zu werden.
    Über dem Dorf liegt ein Zauber. Ob ein guter oder ein böser, ist dabei nicht die Frage, das Zauberhafte liegt vielmehr darin, dass alles mit allem und jeder mit jedem zusammenhängt. Mittendrin lebt Luise, die bei ihrer Großmutter Selma aufwächst. Sie erlebt früh, was das Leben parat hat: Freundschaft und Verlassenwerden zum Beispiel, freundliche Nachbarn und grimmige, die Lust am Leben und den Tod. Der kommt, das ist dörfliche Gewissheit, wenn Großmutter Selma von einem Okapi träumt. Man weiß nicht, wen es treffen wird, die Zeit zwischen Traum und Tod vergeht mit nervösem Bestreben, Leben zu ordnen.
    Ein Zauber liegt auch über der Bühne, auf der Sigrid Dettlof und L. Christian Glockzin Personen und Situationen erstehen lassen. Eine Nuance in der Gestik, eine kleine Veränderung in der Körperhaltung, eine präzise austarierte Tönung in der Stimmfarbe – mehr brauchen die beiden nicht, um die Dorfgemeinschaft auf die Bühne zu holen: Luise und Selma, Selmas verstorbenen Mann, den Optiker, der Selma ein Leben lang unerwidert liebt, Luises sanften Jugendfreund Martin und ihren Ich-zentrierten Vater, Martins Vater Palm, der sich nach dem Tod seines Sohnes vom brutalen Saulus zum frommen Paulus wandelt, den buddhistischen Mönch Frederik, die ewig schlechtgelaunte Marlies oder Elsbeth, die auf Übersinnliches vertraut.
    Urkomisches und Tieftrauriges spielt sich in der engen Dorfgemeinschaft ab. Der unappetitliche Kartoffelbrei, vor dessen Verzehr Martin seine Freundin rettet, indem er ihn in der Hosentasche verschwinden lässt, verschafft ihm die Misshandlung des Vaters. Da ist der Optiker, der kofferweise niemals abgeschickte Briefentwürfe an Selma verwahrt. Oder Luises Vater, Selmas Sohn, der sein Inneres zum therapiebedürftigen Notstandsgebiet erklärt und seinen Schmerz in einer Gabe an die Mutter ausdrückt: ein riesiger Hund. Sie müsse mehr Welt in ihr Leben assen, verlangt der Sohn von Selma.
    Aber ist die Welt mit ihrem Verbindenden und Trennenden nicht auch im kleinen Dorf vorhanden – oder was ist das, was man von hier aus sehen kann?
    Man wähnt sich im Schleudergang der Gefühle, während es auf der Bühne doch ganz gelassen zugeht. Und ja: die Bühne (Angelika Winter)! Auf der dominieren Bilderrahmen unterschiedlicher Größe, die mal ein Haus sind, mal ein Bild, mal ein Fenster, in das hinein oder aus dem herausgeschaut wird – und die einrahmen, was die Zuschauenden von ihren Plätzen aus sehen können.
    Karin Lubowski

    https://www.die-gemeinnuetzige.de/fileadmin/media/luebeckische-blaetter/2022/07_LB187.pdf

     

     

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